Frank Hoffmann

Praxishandbuch der Waldpädagogik

Frank Hoffmann (www.wildpfa.de)

Praxishandbuch der Waldpädagogik

Systematische Methodensammlung mit über 500 waldpädagogischen Aktionen

Schneider Verlag Hohengehren

 

Der Biologe und Waldpädagoge Frank Hoffmann versucht mit dem „Praxishandbuch der Waldpädagogik“ seine über die Jahre zusammengetragenen Notizen aus dem eigenen Kritzelbüchlein nach Themen und BNE-Kriterien sortiert Umweltbildenden, Lehrenden, Erzieher*innen und natürlich Waldpädagog*innen säuberlich aufbereitet zur Verfügung zu stellen.

Das Praxishandbuch versteht sich als Sammlung, um rasch auf die Bedürfnisse einer Gruppe reagieren zu können, wenn z.B. das ungünstige Wetter ein Bewegungsspiel nötig macht, ein Puffer gesucht wird oder man sich beim kognitiven Niveau einer Schulklasse in der Vorbereitung schlicht verschätzt hat. Mit dem bewährten Repertoire an Pufferspielchen muss man oft vom eigentlichen Thema abweichen – Hoffmanns Handbuch unterstützt in der Grundthematik zu bleiben und dennoch zügig das Programm anpassen zu können.

In der Vorbereitung auf ein Thema kann man die Sammlung natürlich auch nutzen und thematisch abgestimmte Aktionen heraussuchen. Komplette Unterrichtseinheiten finden sich im Buch jedoch nicht, dafür ein sehr gut aufgeteiltes Sammelsurium, sodass man in der Vorbereitung unkompliziert ein paar Übungen findet, sich die passendsten herauspicken kann und die weiteren im Hinterkopf behält. Eine Stütze in der Vorbereitung und Improvisation gleichermaßen, die Hoffmann sich seit der Gründung von www.wildpfa.de erarbeitet hat.

 

Die vorgestellten Übungen sind knapp und schematisch erläutert. Für lange Erklärungen bleibt in diesem Konzept kein Platz und eine gewisse Erfahrung in Umgang oder Einschätzung von Gruppen wird vorausgesetzt. Dadurch bleibt das Praxishandbuch übersichtlich und v.a. rucksacktauglich und kann draußen problemlos mitgenommen werden. Mir persönlich gefällt bei solchen Sammlungen eine Spiralbindung immer sehr gut, sodass man das aktuelle Thema direkt aufgeklappt bereithalten kann. Das ist bei diesem Handbuch nicht der Fall, aber ein paar Buchzeichen helfen ja auch weiter. Überhaupt ruft das Büchlein geradezu dazu auf mit Textmarker und Kugelschreiber darin zu werkeln, Stellen hervor zu heben oder persönliche Ergänzungen und Seitenverweise einzutragen. Das einfache, schematische Layout senkt sehr angenehm die Hemmschwelle zum neongelben Filzstift zu greifen.

 

Jede Aktion wird durch Piktogramme als Einzel-, Paar-, Klein- oder Gruppenaufgabe gekennzeichnet. Ebenso wird auf die Bewegungsintensität, die Verbindung zum Fachwissen, Sinneserfahrungen oder Kreativität hingewiesen. Was der Autor sich darunter vorstellt, wird erläutert. Ebenso die BNE-Kriterien in ihren zwölf Unterordnungen, die zu jeder Übung aufgelistet sind. Inwieweit man die Bildchen und Zahlen in seine Planung einbezieht, ist sicherlich Geschmacksache. Ich persönlich überfliege eher schnell den knapp beschriebenen Ablauf und das benötigte Material, statt nach BNE-Kriterium XY zu filtern, aber das variiert wahrscheinlich nach Arbeitsweise und eigenem Erfahrungsschatz. Schätzungsweise wird das auch einfach von Verlagsseite aus erwartet und ohne ausdrücklichen BNE-Bezug wird man im waldpädagogischen Bereich wohl kaum veröffentlicht.

Mir hat in einigen Monaten des Ausprobierens eher die Einteilung nach Pflanzen- und Tiergattungen geholfen: Ich suche etwas zur Ameise. Voila, ein paar Impulse zur Ameise. Etwas zum Herbstlaub? Kuckst du: Herbstlaub.

Der Biologe und Waldpädagoge Hoffmann zeigt sich in seiner ganzen themenbezogenen Erfahrung.

 

Oberflächlicher wird es, wenn der Autor seinen ganz zentralen Kompetenzbereich verlässt, die erlebnispädagogischen Ideen oder die „rohstofforientierten“ Aufgaben (mit Zapfen, mit Stöcken usw.) sind vergleichsweise bemüht. Das Prinzip bleibt bestehen und funktioniert auch weiterhin: Ich brauche etwas zum Buddeln und Matschen: Und siehe da, ein paar Impulse zum Buddeln und Matschen.

So detailverliebt und vielseitig wie in den waldpädagogischen Kernthemen bleibt die Sammlung jedoch nicht durchgängig. Dagegen ist nicht viel zu sagen, denn vom „Praxishandbuch der Waldpädagogik“ sollte man auch keine Neuigkeiten im erlebnispädagogischen Sektor erwarten. Abgedeckt ist das Thema zumindest, wenngleich eher stiefmütterlich im Vergleich zur WP als wichtigster Inhalt.

 

Insgesamt sind nur einige Übungen von Hoffmann selbst erdacht, viele jedoch überarbeitet oder ergänzt. Im Sinne einer Sammlung listet er auf, was sich bewährt hat – und entsprechend stolpert man über die eine oder andere Aufgabe, die man eigentlich kennt, irgendwohin verschoben hat und jetzt endlich wieder auspackt. Allein dafür ist das Praxishandbuch den Kauf wert: als Erinnerungsstütze und als Querverweis, wie sich ein bekanntes Aufwärmspiel ruckzuck auf ein bestimmtes Thema umwidmen lässt.

 

Fazit:

Kein Wegweiser in unbekanntes Terrain, sondern eine solide Sammlung von in erster Linie wald- und umweltpädagogischen Aufgabenstellungen für unterschiedliche Altersgruppen, jedoch mit Augenmerk auf Schulklassen. Alte Hasen werden wenig Neues finden, aber frische Einsatzmöglichkeiten vergessener Übungen entdecken. Neulinge können aus dem Vollen schöpfen und wer wie ich zwischen EP und WP wandelt, tut gut daran den Blick durch das Praxishandbuch mal wieder zu schärfen.

 

Ein dickes Minus gibt die schlechte Verarbeitung/Bindung des Buches, das nach einiger Benutzung auseinander fiel, obwohl ich nur am Schreibtisch damit gearbeitet habe und es nie draußen dabei war. Meine gewünschte Spiralbindung werde ich mir nach dieser „Aufforderung“ selbst herstellen. Das kann aber auch ein unglücklicher Zufall sein, denn meine anderen Bücher von Schneider Hohengehren fallen mir bisher nicht auseinander.

 

Erfreuliche Ergänzung:

Nachdem ich dem Autor meine vorläufige Rezension zugesandt hatte, entwickelte sich ein reger Austausch (der sich vielleicht in der nächsten Auflage bzw. erweiterten Ausgabe auch zeigen wird). Hoffmann betonte noch einmal den Grundtenor als Sammlung in seinem Buch und dass es entsprechend in diesem Konzept den Rahmen sprengen würde, erlebnispädagogische Aktionen noch detaillierter auszuführen. Die von mir als etwas oberflächlich beschriebenen Aktivitäten sieht er als Einstiegsmöglichkeiten für wenig outdoor-erfahrene Anleiter*innen oder Teilnehmergruppen. Dieser Argumentation kann ich durchaus folgen. An dieser Stelle vielen Dank an Frank Hoffmann für das konstruktive Fachsimpeln.

 

Rezension von Dominik Gentner im Januar 2022